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Holly Johnson packt aus: „Ich liege für ein jahr auf eis”

Eines Morgens, Ende April, klingelte im Londoner BRAVO-Office das Telefon. Am Apparat ein typischer Liverpool-Akzent mit stark singendem Ton: „Hello, Holly hier — willst du zu mir zum Tee kommen? Ich hab dir viel zu sagen…”

Er gab uns die Adresse seines Hauses in Fulham, und prompt wurde um vier Uhr nachmittags Tee serviert.

Holly von Frankie goes to Hollywood und sein deutscher Freund Wolfi leben in einem typischen viktorianischen Reihenhaus mit weißem Stuck außen und innen. Das Wohnzimmer ist sehr großzügig eingerichtet mit einer Ledercouch vor weißen Wänden, Blick in den Garten hinterm Haus, der von Wolfi betreut wird.

Riesige Ölgemälde, hauptsächlich von Duncan Grant, machen das Zimmer interessant und gemütlich. Einen Tisch im Jugendstil importierte Holly extra aus Frankreich, die Anrichte ist antik — aus weißgewaschenem Eichenholz. Überall Jugendstil: Lampen, Vasen, Skulpturen. Und dann schüttet uns Holly sein Herz aus:

BRAVO: Was ist jetzt mil deiner Solokarriere? Wann kommt die erste Platte?

Holly: Leider erst in einem Jahr. Bis dahin kann ich nichts machen, mir sind die Hände gebunden, da ich mit meiner früheren Plattenfirma ZTT im Streit liege. Wir stehen kurz vorm Gericht…

BRAVO: Ja, und was willst du jetzt in dieser Zeit machen? Däumchen drehen?

Holly:Natürlich nicht. Ich versuche, mich als Schauspieler zu etablieren. Habe auch schon verschiedene Angebote, nur noch nichts Richtiges.

BRAVO: Was wird mit dem Rest von Frankie goes to Hollywood?

Holly: Ich wünsche ihnen alles Gute! Aber soviel ich höre, wollen auch die Boys alle Solo-karrieren starten. Angeblich machen sie aber erst mal neun Monate Pause…

BRAVO: Glaubst du, daß du deine Popularität bei den Frankie-Fans so lange halten kannst?

Holly: Ich hoffe es sehr. Immerhin war ich, glaub ich, nichl nur ein guter Frontman für die Gruppe, sondern auch Klassensprecher, Glamourtyp.

BRAVO: Warum sind die Beziehungen zwischen euch so schlecht geworden? Man spürte direkt die dicke Luft bei der letzten Tournee. Besonders Wolfi war der „gehaßte Mann”…

Holly: Das weiß ich, aber weder Wolfi noch ich sind darüber beunruhigt. Schließ1ich liegt ihm nur mein persönliches Wohl am Herzen. Die Plattenfirma spielte damals schon verrückt. Sie schmissen mir Steine in den Weg, wo sie konnten, und Wolfi räumte sie wieder weg — nein, ohne ihn wäre ich durch die Tournee nicht durchgekommen.

BRAVO: Und wie sieht es jetzt finanziell bei dir aus? Kannst du bis zum nächsten Jahr durchhalten?

Holly: Ich spreche nicht gern über meine Finanzen. Abar ich darf sagen, daß uns das letzte Frankie-Album recht wenig einbrachte: Unsere Plattenfirma, besonders Trevor Horns Frau Jill Sinclair, die die Fäden in der Hand hält, rechnete vor unseren persönlichen Einnahmen schon mal alles ab wie Studio, Produktion, Plattenhülle etc. Ganz abgesehen davon hatten wir wenig bis gar keinen Einfluß auf diese Dinge. Wir wurden fast wie Marionetten behandelt, als ob wir nicht für uns selbst denken können.